Kinder und Jugendsport

Obwohl Sport und Bewegung sehr viele positive Effekte auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben, stellen wir in der Praxis zunehmend Verletzungen fest, die auf zu intensive Sporteinheiten ohne ausreichende Erholung für Knochen, Gelenke und Muskulatur zurückzuführen sind.

Leider nehmen akute Verletzungen wie Brüche, Prellungen und Zerrungen aber auch Überlastungsschäden an Gelenken und Knochen bei Kindern und Jugendlichen zu. Als Beispiel ist hier die Häufigkeit und Schwere der vielen Verletzungen des vorderen Kreuzbandes. Die Inzidenz der vorderen Kreuzbandverletzungen zeigte in den entsprechenden Risikosportarten wie Fußball, Handball, Basketball und Skifahren einen signifikanten Anstieg. In diesen Sportarten kommt es in Deutschland schätzungsweise zu etwa 100.000 Verletzungen am vorderen Kreuzband pro Jahr. Kinder und Jugendliche stellen die Alterskategorie mit dem höchsten Zuwachs an Verletzungen des vorderen Kreuzbandes dar. Verhältnismäßig häufiger sind junge Frauen und Mädchen betroffen. Obwohl die Mehrzahl von diesen Verletzungen erfolgreich therapiert werden können, haben neuere Daten ergeben, dass es bei unter 20 jährigen Patienten in 1 von 3 Fällen zu einer Zweitruptur – sei es zu einer Rezidivruptur an der operierten, oder aber einer vorderen Kreuzbandruptur des gegenseitigen Kniegelenkes – kommt. Das Kniegelenk altert durch diese Verletzung auf einen Schlag um 10 – 20 Jahre. Im weiteren Verlauf werden häufig mehrere Operationen erforderlich. Zeichen einer Gonarthrose finden sich bei 3 von 4 Patienten nach bereits 10 Jahren. Dies ist insbesondere bei Verlust eines oder beider Menisken der Fall.

Die wissenschaftliche Datenlage beweist eindeutig, dass eine Vielzahl von diesen Verletzungen durch ein adäquates Präventionstraining hätte verhindert werden können.

Eine der Hauptursachen für die zunehmenden Verletzungen ist ganz klar die häufig fehlende, nicht ausreichende oder falsch ausgeführte Verletzungsprävention. In vielen Fällen würden sich bereits durch ein adäquates Präventionstraining oder maßvollere Sporteinheiten Verletzungen und deren Spätfolgen vermeiden lassen. Prävention wird bislang im Leistungs- und im Breitensport gleichermaßen vernachlässigt. Dabei ist es wichtig, dass wir bereits in der Kita mit den richtigen Präventions-Bewegungsprogrammen beginnen, weiterführend die Prävention im Schulsport implementieren und sie dann fest im Vereins- und Leistungssport verankern. Kinder und Jugendliche müssen Präventions-Übungen und Programme so selbstverständlich ausführen, wie das anschließende Training.

Prävention von Sportverletzungen ist wie Zähneputzen zur Vermeidung von Karies.

Unsere Rolle als Sportmediziner und Chirurgen beschränkt sich nicht nur auf die Behandlung und Heilung von physischen Problemen, sondern muss zunehmend der Prävention Rechnung tragen. Die Prävention, Behandlung und Rehabilitation von verletzten Sportlern werden selten thematisiert. Die tägliche sportärztliche Arbeit in der Behandlung – und noch wichtiger in der Prävention – von Sportverletzungen ist fast gänzlich unbekannt.

Wir müssen Schäden für die Zukunft der jungen Sportler vermeiden, nicht nur in deren sportlicher Entwicklung, sondern noch wichtiger für ein gesundes und schmerzfreies Leben nach dem Sport. Es ist inakzeptabel, dass potenziell vermeidbare Verletzungen der Grund für spätere körperliche Einschränkungen sind. Das Wissen um die vielen Präventionsmöglichkeiten dieser Verletzungen erfordert ein größeres Bewusstsein.